Erfolgreiches Einhand-Unternehmertum Vom Solo-Selbstständigen zum "Solopreneur"

Nein, Solo-Selbstständige, IT-Freelancer und ähnliche freiberufliche Einzelkämpfer sind keine Unternehmer! Sieht man einmal von der fehlenden betrieblichen Einbindung ab, ähnelt der Alltag eines selbstständigen Dienstleisters eher dem eines verantwortlich und weitgehend selbstbestimmt handelnden Arbeitnehmers als dem des klassischen Unternehmers mit eigenem Personal und eigener „Firma“.

Vorteil: Solo-Selbstständige, die „nur“ ihre Arbeitskraft vermarkten, gehen ein niedrigeres Risiko ein, kommen mit vergleichsweise geringen Investitionen und ohne größere Bankdarlehen aus und die Komplexität ihrer kaufmännischen Aufgaben hält sich auch in Grenzen. 


Dafür stoßen freiberufliche Einzelkämpfer aber auch schnell an ihre Verwertungsgrenzen: Schließlich stellt die eigene Arbeitszeit eine biologische Vermarktungs-Obergrenze dar. Daran ändern auf die Dauer auch Doppel-, Nacht- und Wochenend-Schichten nichts. Da die Auslastung zudem im Jahresverlauf schwankt, bleiben die Einkommensmöglichkeiten oft bestenfalls durchschnittlich – selbst wenn es gelingt, angemessene Honorare zu vereinbaren.

Unternehmer = Arbeitgeber?
Wer mehr will, muss normalerweise nahezu zwangsläufig Unternehmer und damit Arbeitgeber werden. Die Hauptaufgabe besteht dann darin, ...

  • passendes Personal zu finden und einzustellen,
  • neue Mitarbeiter einzuarbeiten und laufend weiterzubilden,
  • ausreichend Aufträge an Land zu ziehen,
  • die Arbeitsabläufe zu koordinieren und kontrollieren,
  • die Arbeitsqualität der Belegschaft konsequent zu kontrollieren,
  • überforderte oder nicht ausgelastete Mitarbeiter wieder zu entlasten und so weiter.


Zusätzlich zu diesen Aufgaben im Management und Marketing steigt in wachsenden Unternehmen zwangläufig die Zahl der reinen Verwaltungstätigkeiten in den Bereichen Organisation, Finanzierung, Steuern und Recht. Im Ergebnis hat der Chef oder die Chefin dann mit den eigentlichen Kernkompetenzen kaum noch oder gar nichts mehr zu tun.

Pfiffiges Einhand-Unternehmertum
Soweit, so bekannt und unvermeidlich? Dass es auch anders geht, propagieren die beiden Berater und Autoren Brigitte und Ehrenfried Conta Gromberg: Mit ihrem Buch „Solopreneur: Alleine schneller zum Ziel“ wollen sie das Einhand-Unternehmertum auch in Deutschland bekannt machen.

Mit dem Begriff „Solopreneur“ knüpfen sie an das „Entrepreneurship“ im angelsächsischen Sprachraum an: Damit wird sowohl Unternehmertum oder Unternehmergeist im Allgemeinen als auch das Anschieben innovativer Produkte oder Geschäftsmodelle bezeichnet. „Solopreneure“ sind demnach Einzelpersonen, die auf Dauer alleine ein richtiges Unternehmen betreiben.

Möglich wird das aus Sicht der Autoren, weil das Internet die Gesetze der Produktivität grundlegend verändert hat. Mithilfe …

  • durchdachter Online-Geschäftsmodelle,
  • automatisierter Prozessketten (Verknüpfung externer „Komponenten“ durch passende Schnittstellen) sowie
  • kostengünstigem Internet-, insbesondere Social-Media-Marketing

 … können findige Einzelpersonen inzwischen selbst großen Unternehmen Paroli bieten.

Smarte SkalierbarkeitErfolgreiches Einhand-Unternehmertum - Foto: Solopreneur
Betriebswirtschaftlicher Dreh- und Angelpunkt des smarten Solopreneur-Konzepts ist die Skalierbarkeit: Nach Überzeugung der Conta Grombergs haben auch Einzelpersonen die Möglichkeit, ihren Umsatz signifikant zu steigern, ohne Partner oder Mitarbeiter ins Boot zu holen und so die personellen und materiellen Fixkosten zu erhöhen.

In vielen Fällen könnten Einhand-Unternehmer schneller, flexibler und unabhängiger agieren als Teamgründungen. Außerdem falle Einzelkämpfern die Verzahnung von Privat- und Geschäftsleben einfacher als klassischen Unternehmern.

Solopreneure konzentrieren sich darauf, ihre Produkte und die Adresse des / der dazugehörigen Online-Shop(s) in Weblogs, sozialen Medien und bei Online-Multiplikatoren bekannt zu machen. Die eigentliche Auftragsabwicklung von der Beschaffung bis zum Fulfillment (inklusive Bestellannahme, Weiterverarbeitung, Customizing, Rechnungstellung, Retouren, Forderungsmanagement, Inkasso und Buchführung) überlassen sie externen Kooperationspartnern. Sie organisieren lediglich den Gesamtprozess und halten die Schnittstellen konsequent im Auge.

Prototypische Solopreneure sind beispielsweise …

  • Online-Händler mit möglichst einfachen, aber pfiffigen Nischensortimenten oder auch
  • kreative Contentproduzenten (wie Autoren, Designer, Musiker), die sich – anders als ihre klassisch freiberuflichen Kollegen – im Anschluss an den eigentlichen „Schöpfungsprozess“ aktiv um die Mehrfach-Verwertung ihrer Werke kümmern.


Vom Solo-Selbstständigen zum Einhand-Unternehmen

Insgesamt haben die Conta Grombergs fünf grundlegende Geschäftsmodelle ausgemacht, die von Solopreneuren praktiziert werden können: Produktmodelle (Produzenten), Sortimentsmodelle (Händler), Expertenmodelle, Servicemodelle und Erlebnismodelle.

Auch bei den letzten drei Modellen, bei denen es sich im Kern um Dienstleistungen handelt, streben Solopreneure die Abkoppelung der Geschäftstätigkeit und des Unternehmenserfolgs von ihrer individuellen Arbeitszeit an.

Solopreneure streben …

  • von der Dienstleistung zum Produkt: mehr Standardisierung und Mehrfach-/Vielfachverwertung,
  • vom Selbstständigen zum Alleinunternehmer: Entkoppelung des Umsatzes von der eigenen Arbeitszeit durch Komponenten-Kombination. Folge: Wachstum nicht länger durch die eigene Arbeitszeit begrenzt.
  • vom Auftragnehmer zum Anbieter: mehr Selbstbestimmung.


Fazit

Die Autoren sind spürbar überzeugt von ihrem Konzept: Sie sind begeistert von den sich bietenden Möglichkeiten und nutzen sie für ihre eigenen Zwecke. Sie räumen mit vielen vermeintlichen Old-School-Selbstverständlichkeiten auf – verzichten dabei aber auf hippe Heilsversprechen. Vielmehr liefern sie eine Menge Anregungen, Erfahrungsberichte und anderes Material zum Nachdenken.

Die Lektüre richtet sich übrigens nicht nur an Gründer: Gerade erfahrene (und oft erschöpfte) Freelancer, Freiberufler und andere Solo-Selbstständige mit Hang zur Selbstausbeutung sind gut beraten, ihr bisheriges Geschäftsmodell auf den Prüfstand zu stellen. Nicht jeder ist ein geborener Solopreneur – bedenkenswerte Optimierungspotenziale hin zu smarte(re)n Geschäftsmodellen gibt es in vielen Fällen aber ganz bestimmt.

Solopreneur - Alleine schneller am Ziel“ erschien ursprünglich als (Kindle-)E-Book. Inzwischen liegt es auch in einer Taschenbuch-Ausgabe vor. Hilfestellung bei der konkreten Umsetzung eines Einhand-Unternehmens bieten die Autoren in ihrem Buch „Smart Business Concepts“, das (nur) in gedruckter Form vorliegt.